Heute möchte ich über ein Wort schreiben. Ein Wort, über das ich mir schon seit längerem den Kopf zerbreche, und trotzdem ertappe ich mich immer wieder dabei, dieses Wort zu benutzen. Es stört mich, wenn ich es anwende. Und achte ich darauf, es wegzulassen, kann dies schon mal ziemlich anstrengend werden. Welches Wort? Das Wort „wie“.
Karin Morgenthaler
„Wie bitte?“, denken Sie sich nun vielleicht. Wie kann das Wort „wie“ einem Kopfzerbrechen machen? Natürlich bereitet es mir nicht in jeder Form Kopfzerbrechen. Sondern in ganz spezifischen Kontexten. Ich mache einige Beispiele, die – wahrheitsgetreu oder nicht- doch im einen oder anderen Alltagsgeschehen von mir genau so vonstatten gehen könnten:
- „Du könntest ja wie ausprobieren, einen Wecker zu stellen.“
- „Lass uns nun wie ein wenig über diese Situation reden.“
- „Gehen wir doch wie an den Anfang des Geschehens zurück.“
- „…, dass du – wenn du merkst die Panik steigt in dir auf – wie überlegst: welche Skills sind nun hilfreich?“
Wie kommt es, dass – der Einfachheit halber rede ich nun von mir – ich dieses Wort immer wieder benutze, obwohl es meiner Meinung nach ein totaler Lückenfüller ist?
Entweder versucht jemand einen Wecker zu stellen oder nicht. Entweder reden wir über eine Situation oder nicht. Entweder gehen wir an den Anfang des Geschehens oder nicht. Entweder überlegt jemand welche Skills hilfreich sind oder eben nicht. Was soll dieses „wie“?
Einerseits ist es – wie oben erwähnt – ein Lückenfüller. Andererseits habe ich stark den Eindruck, dass es manchmal schwer fallen kann, jemanden direkt anzusprechen oder etwas vorzuschlagen oder zu beauftragen, etwas zu tun.
Das „wie“ schwächt meine Aussage etwas ab (merken Sie? Ich hätte nun genauso schreiben können: „das „wie“ schwächt meine Aussage wie etwas ab“). Ohne dieses „wie“ kann das Gefühl beim Gegenüber entstehen, dass es die absolute Idee ist. So muss es klappen – und wenn nicht, hat man versagt.
Bleiben wir beim Beispiel „Wecker stellen“. Jemand möchte am Morgen aufstehen – und zwar pünktlich. Klingt einfach, ist jedoch für viele Mitmenschen alles andere als leicht. Sage ich nun: „Du kannst ausprobieren, einen Wecker zu stellen“, kann dies implizieren, dass es die Mehrheit der Menschen so macht und es dementsprechend funktioniert. Hat dieser Mensch, dem ich diese Idee unterbreite, diese Sache mit dem Wecker jedoch schon ausprobiert und ich schlage ihm das NOCHMALS vor, kann das Gefühl des totalen Versagens entstehen. Um dies zu verhindern, schwächt das Wie-Wort meine Aussage ab.
Trotzdem, das „Wie“ irritiert mich – obwohl ich es auch benutze. Ganz allgemein gesehen bin ich ein Fan von klaren Sätzen. Ohne viele Füllwörter, Lückenhalter, Ausschmückkram (und ja, Sie haben richtig erkannt: beim Schreiben gilt dies für mich nicht. Im Gegenteil.). Die gesprochene Sprache jedoch hat eine ungemeine Kraft. Was wir sagen, wirkt. Und es wirkt teilweise lange nach. So können Aussagen ohne dieses „wie“ klarer sein. Ohne viel Wischiwaschi-Drumrumreden. Sondern einfach, klar, prägnant, präzise.
Es ist, wie wenn ich mit meinen klaren Aussagen erhoffe, etwas Klarheit in den Alltag anderer Menschen zu bringen. Ja, gelled Sie, das tönt doch einfach komisch. Ich möchte wie gerne wissen, was Sie vom Wort „wie“ halten. Ja, möchte ich es denn nun wissen oder nicht? Entscheiden Sie selber – und wenn Sie denken, ich würde gerne: rein in die Kommentarspalte! Ich bedanke mich wie schon im Vorhinein bei Ihnen.
„Für ein Individuum kann es keine Frage sein, dass wenige klare Begriffe mehr wert sind als viele verworrene.“ -Charles Santiago Sanders Peirce, amerikanischer Philosoph und Mathematiker
5 Kommentare zu „Das „wie“ irritiert mich !“
Wie hesch das gmeint ( kleiner scherz)
Werde in zukunft mal auf das wort achten! Am anfang fand ich das thema eher langweilig! Aber es wurde spannend und endet in einem selbst versuch…
Danke und bis bald
Severine
Kommt mir bekannt vor, in meinem Sprachschatz kommt das Wort “ aber “ nicht vor.
Für viele Menschen ist es ganz normal. Für mich nicht, trifft jemand eine Aussage und dann kommt das o.g. Wörtchen stellt die Person sich selbst zur gemachten Aussage in den Widerspruch / in Frage, untergräbt sich selbst.
Ich klicke mich dann aus und höre nicht mehr zu,… was der / die mir gegenüber mir sagt, mitteilt etc. doch gar nicht bemerkt. Eine gute Kommunikation ist für mich mit der Person nicht mehr möglich.
Redner, Berater, Politiker, Lehrer benutzen das o.g. Wort sehr oft und häufig. Mein Kopfkino sagt mir dann, oje nun beginnt die Lüge,…
Ein ganz toller Beitrag über ein kleines Wort, das ich in meinem Wortschatz als viel zu selbstverständlich ansehe.
„Die gesprochene Sprache hat jedoch eine ungemeine Kraft“ – da stimme ich auch voll und ganz zu! Und ich ertappe mich dabei, „wie“ ich zu Gesprächspartnern, aber auch zu mir selbst spreche.
Sind sie Sätze eher negativ behaftet oder sind sie mir lebensdienlich? Das Wörtchen „wie“ bekommt aus diesem Blickwinkel die ganz grosse Bühne in meinem Lebensfilm. Durch die Klarheit der Sprache vermute ich ebenfalls eine Klarheit im eigenen Alltag. Durch den Artikel werde ich wunderbar darauf hingewiesen, dankeschön!
Motivierte Grüsse
Noémie