„…, ich weiss nicht ob Frau das kann.“

Karin Morgenthaler, Sozialarbeiterin, Mama, Bloggerin, …

Letzthin, an einem sonnigen Tag, machte ich mich mit dem Auto und dem Kind hinten drin auf, um einen Ausflug zu unternehmen. Am Ankunftsort angekommen – wie könnte es anders sein bei Sonnenschein – hatte es, wie erwartet, viele andere Leute, die zufälligerweise genau die gleiche Idee hatten. Um ein Parkchaos zu verhindern, stand da ein Mitarbeiter und sagte den daher rollenden Automobilisten, wo noch eine Lücke frei sei. Schön, dieser Service, ich freute mich und liess die Scheibe runter. Er begrüsste uns und sagte mir, dass dort in der dritten Reihe noch ein Platz frei wäre. Ich bedankte mich und wollte die Scheibe wieder schliessen, da rief er: «Halt!» Oh je – was war? Verlor das Auto Öl, warf der Kleine etwa seinen Kräcker aus dem Fenster oder fuhr ich auf einen Nagel? Nein, weder noch. «Sie nehmen besser einen Parkplatz von zuoberst – das ist nicht weit, etwa 10 Minuten Fussmarsch zurück. Wissen Sie, der freie Parkplatz hier ist eben einer, da müssten Sie grad seitwärts einparken, ich weiss nicht, ob Frau das kann.», sprachs und ging zum nächsten Auto.

Den ganzen Nachmittag über überlegte ich mir immer wieder mal, was das auf dem Parkplatz grad war. Vorurteile? Diskriminierend?

Vielleicht war es nett gemeint, ja. Ich unterstelle dem Herrn ja noch nicht einmal etwas Böses. Er meinte es bestimmt lieb und wollte mir einen Gefallen machen. Doch mit solchen Gefallen ist es einfach so eine Sache.

«Ist seitwärts parkieren ok für Sie?», wäre beispielsweise eine Frage gewesen, die für mich ok wäre.

Ganz allgemein finde ich, Menschen fragen zu wenig und gehen von den eigenen (manchmal starren) Bildern und Konstrukten im Kopf aus.

Oft habe ich das erlebt in meiner Zeit, als ich im Wohnheim des Betula gearbeitet habe. Sei es an einem Schalter oder in einem Schuh-, Kleider- oder sonstigen Geschäft. Fragen richteten sich grundsätzlich an mich, statt an den oder die Fragende(n). Natürlich, der Vergleich hinkt ein wenig, vergleiche ich eine kurze Parkier Episode mit etwas, das Menschen mit Beeinträchtigung vielleicht täglich erleben. Trotzdem, der Grundgedanke bleibt derselbe: mehr fragen, weniger Vorurteile.

Ach ja: ich habe übrigens den Parkplatz in Seitenlage genommen.

«Welch triste Epoche, in der es leichter ist, ein Atom zu zertrümmern als ein Vorurteil!» – Albert Einstein, theoretischer Physiker

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