Woche 23: Sichtweisen – Einblicke – Alltagssituationen – Szenen – Sequenzen – Bilder – Ansichten – Einsichten aus der FHS; Einblicke in Alltagssequenzen.
Mit diesen Bildern, Szenen, Sequenzen zeigt Roger Märkli Einsichten in den Alltag einer Ausbildungsorganisation und weckt damit Eindrücke zu dem, was hier stattfindet – auf der sachlich wahrnehmbaren Ebene und auf der Interaktionsebene.
Auf der sachlich wahrnehmbaren Ebene drückt sich Organisationskultur in Objekten, aber auch sichtbaren Verhaltensweisen aus. Zwar kann man diese Ebene der Objekte direkt beobachten, die Bedeutung ist für die „Eingeweihten“, die Mitglieder der Organisation nicht immer direkt bewusst, gehört aber zum (unbewussten) Wissensvorrat der Mitglieder. Für Fremde ist die Bedeutung eher schwierig zu entschlüsseln, beinhaltet einen grossen Interpretationsspielraum. Roger Märkli nähert sich mit dem Auge der Kamera als Aussenstehender den Objekten und Gegenständen und vermittelt dem Betrachter ein Bild, eine Vorstellung, was da alles vor sich geht.
Da ich ja selbst ein Mitglied dieser Organisation bin, ist mein Auge natürlich in gewisser Weise getrübt, trotzdem versuche ich mich in drei Schritten an diese Selektion von Bildern heran zu tasten:
- Ebene der Objekte: Verpflegungsautomaten, Äpfel und Lektüre auf einem Bild nebeneinander, Beleuchtung, Grösse und Anordnung von Räumen und Mobiliar (Architektur), etc.: Hier sind viele Aspekte wichtig: das Sein (Essen, Wohlsein…) macht das Bewusstsein (hier wird gelernt, studiert);
- Verpflegungs- und Aufenthaltsräume: Hier wird ausgetauscht, formell, informell, gemeinsam alltägliche Bedürfnisse gestillt;
- Ausstellung in den Gängen: Information über den Tellerrand hinaus ist wichtig, wir nehmen Anteil an der restlichen Welt ausserhalb unserer Organisation … etc.
- Ebene der Interaktionen: Ich sehe Menschen und Infrastruktur: Studierende, welche einen Seminarraum betreten; ich sehe Studierende, welche es sich auf Stühlen so bequem als möglich gemacht haben:
- es hängen persönliche Gegenstände ( Kleider – Taschen – Mappen) über Stühlen, Fläschchen und Esswaren auf dem Tisch, aufgeklappte Laptops – (Kulturentschlüsselungsfrage: darf man das hier?);
- Dozierende vorne vor einer Klasse (Kulturentschlüsselungsfrage: kommt uns allen bekannt vor, das ist das klassische Ausbildungssetting: Dozierende vorne, Auszubildende hinten…) ;
- Studierende vorne beim Hellraumprojektor zum Präsentieren, Referieren (Kulturengschlüsselungsfrage: aha, da ist die Partizipation, die aktive Mitbeteiligung von Studierenden wichtig…) usw.…
- Die dritte Ebene bezieht sich auf Grundannahmen, Glaubenssätze:
Diese lassen sich am allerschwersten entschlüsseln, weil sie oft tief im Unterbewussten einer Organisation verankert sind: einzelne Aspekte lassen sich aber aus dieser Auswahl von Bildern doch herauslesen:
- was ist die Beziehung der Organisation zur Umwelt?
- Zur Realität?
- Zum Wesen des Menschen?
- Wie werden die Handlungen der Menschen geleitet/geregelt (erlaubt bzw. sanktioniert)?
- Welche Bedeutung haben die Beziehungen (Interaktionen) der Menschen untereinander?
Eine klassische Übung aus der Organisationsentwicklung ist folgende Anregung, um auf eine ganz andere Art ein Bild, einen Eindruck von einer Organisation zu bekommen, ihre Kultur zu entschlüsseln:
Meine Organisation mit fremden Augen sehen:
“Laden Sie eine bekannte aber betriebsfremde Person zu einem Rundgang ein,
bei dem sie möglichst viele Eindrücke auf sich wirken lassen soll:
Bilder, Eingangshalle, Büros und Produktionsstätten, Betriebsleitung,
Pausenrituale, Anschlagbretter, Erscheinung und Auftreten der
Betriebsangehörigen.
Wo sitzt wer? Wie fühle ich mich in dieser Umgebung? Wer spricht mit
wem? Was fehlt? Was wird “herausgestrichen?“
Diese Übung kann man beliebig variieren:
- man kann auch selber so tun, als ob man fremd, neu wäre…;
- man kann neue Mitglieder der Organisation bitten, sich den fragenden, neugierigen, „unverbrauchten“ Blick so lange als möglich zu bewahren (etwa ein halbes Jahr maximal, sagt die bekannte Organisationsentwicklerin Eva Renate Schmidt, danach ist man Teil des Alltags einer Organisation geworden).
- … ?
An dieser Stelle wäre es meiner Ansicht nach höchst spannend zu erfahren, was sich Roger Märkli bei seiner Auswahl und der Betrachtung seiner Bilder gedacht haben mag…
Rosmarie Arnold, Dozentin FHS
2 Kommentare zu „Sozialpädagoge in Ausbildung im Blickfeld einer Ausbildnerin 23 | 52“
Hallo Frau Arnold
Die Bilder stammen nicht von mir, sondern sind von Ivo Reich. Sie sind während seinem Schulunterricht entstanden. Ich habe diese 1:1 von ihm übernommen (Speicherkarte kopiert). Einzig gestrichen habe ich teilweise. Immer dort wo einzelne Menschen im Fokus standen habe ich diese gelöscht.
wobei es mich im Moment gerade selber wunder nimmt, wie ich fotografiert und welche Subjekte ich ausgewählt hätte .
schönes Wochenende