Weihnachten naht, und das neue Jahr klopft bereits an die Türe. Gerne nutze ich die Zeit, über elf Buchstaben nach-, weiter- und zu-weit zu denken.
„Filterblase“ ist das Wort des Jahres 2016. Was bedeutet dieses überhaupt? „Filterblase“ drückt die falsch interpretierte Sicherheit aus, wenn man sich in den sozialen Medien ausschliesslich mit Gleichgesinnten austauscht. So wird einem ein falsches, gesellschaftliches Bild vermittelt und es kann dazu führen, dass man aus allen Wolken fällt, wenn dann plötzlich die Realität anders aussieht.
„Moment mal, dann soll ich mich gar nicht mit Gleichgesinnten austauschen? Verliere ich sonst die Realität aus den Augen?“ Nein, natürlich nicht! Sogenannte Peer-Groups sind wichtig, zum Beispiel im Hinblick auf den Austausch und die soziale Orientierung. Oder auch sogenannte Interessengruppen, bei denen das Alter vielleicht weniger eine Rolle spielt als in Bezugsgruppen oder Cliquen.
„Muss denn immer alles gleich so theoretisch klingen?“ Nein, muss es nicht. Doch wenn das Wort „Filterblase“ das Wort des Jahres 2016 ist (ganz ehrlich, wer kannte dieses Wort?), muss man erwarten, dass auch die Erklärung dazu dementsprechend daherkommt.
Was will uns die Filterblase sagen? Ich für meinen Teil interpretiere das Wort folgendermassen:
- sei offen
- interessiere dich für deine Umwelt
- pflege deine Interessengemeinschaften
- schau aber auch über den Tellerrand hinaus, denn „da draussen“ gibt’s noch so viel mehr!
Ich gebe mir Mühe, meine „Blase“ in der ich lebe, nicht luftdicht zu verschliessen, sondern immer wieder Öffnungen aufzubrechen und neue Luft hinein zu lassen. Ob mir der Duft dieser Luft dann passt oder nicht, spielt keine Rolle. Auch unangenehme Düfte sollten Platz haben – sonst, wie oben erwähnt, kann es sein, dass ich aus allen Wolken falle, wenn ich auf dem Boden der Tatsachen lande.
„Was heisst das für die Ausübung meines Berufes?“ Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung neigen aus diversen Gründen dazu, sich mehrheitlich mit Menschen zu umgeben, die ebenfalls an einer psychischen Erkrankung leiden. Ich versuche in meiner Arbeit diese „Blase“ aufzubrechen, wenigstens teilweise. Integration ist hier das Stichwort (ja auch die Sozialraumarbeit, aber ich lasse das nach so vielen Blogbeiträgen mal weg). Doch nicht nur. Ich für meinen Teil denke, auch das Reden über die Entwicklungen bei der IV und EL gehören dazu, diese Blase mal durchzulüften. Hier ist Information das Stichwort.
Es ist jedoch auch eine Tatsache, dass so eine „Filterblase“ einen schützt. Schützt vor Verletzungen, vor Vorurteilen und vor Ausgrenzungen. Eine Filterblase ist ein kuscheliger Ort, an dem man sich wohlfühlt – vergleichbar mit der eigenen Wohnung. Doch auch die sollte ab und an mit frischer Luft versorgt werden. Also machen wir unsere Fenster auf, schauen wir mal nach draussen – wohlwissend, dass wir einen Rückzugsort haben.
„Wer zwischen den Stühlen sitzt, sitzt auf dem Boden der Realität.“
Peter E. Schumacher, deutscher Publizist
Karin Morgenthaler