Sozialpädagoge in Ausbildung im Blickfeld einer Ausbildnerin 22 | 52

Woche 22: Zum ersten Mal kommt ein Teammitglied von Ivo Reich zu Wort und nimmt die Aussensicht auf. Das Teammitglied Monica Vetsch erzählt von der Wertschöpfung, einen Ausbildungsplatz anzubieten und dem Umgang mit der aktuellen Situation auf der Wohngruppe Tilia mit Ivo Reich

Monica Vetsch macht sich Gedanken über die Chancen für Organisation und Team, wenn ein auszubildender Mitarbeiter im Team mitarbeitet, ein Mitarbeiter, welcher eigentlich ein bisschen auf der Schwelle der Organisation steht, weil er einen aktiven Beitrag gegen innen hat und einen aktiven Blick die andere Organisation, der er zugehört, dort wo ihm das notwendige Rüstzeug im Sinn von Wissen und Können vermittelt wird. Er steht auf einer Schwelle, wo er sozusagen an beiden Bereichen teilhat. Er sei ein Macher, sagt Monica Vetsch, er kommt aus jener (Arbeits-)Welt, die vom Aufgabenbereich her klar strukturiert ist, wo man relativ genau weiss, was man zu tun hat, um ein guter Mitarbeiter zu sein.

Der Aufgabenbereich des Tilia, so Monica Vetsch, ist eigentlich wie ein grosser Haushalt, bestehend auf der sachlichen Ebene aus Kochen, Essen, Einkaufen, Finanzen regeln etc. Auf der Beziehungsebene finden  Bezugspersonengespräche statt, ein enger Kontakt mit den Bewohner/innen ist wichtig. Beide Ebenen, jene des sichtbaren Tuns, und jene der Gestaltung von Kontakt und Beziehung, sind nicht trennbar!

Die Beziehung entsteht und wird gestaltet durchs und im gemeinsamen Tun. Das erinnert mich an jenes Schlüsselerlebnis in meinem eigenen Studium, als wir Studierenden auf akademischer Ebene konfrontiert wurden mit dem Begriff „Beziehung“, ihn aus verschiedenen disziplinären wissenschaftlichen Blickwinkeln definierten.  Die Heimerziehung war damals im Aufbruch. Gut erinnere ich mich an die Aussage von Professor H. Tuggener: Heimerzieher nehmen für sich zunehmend die „Beziehung“ als alleinigen Zuständigkeits- und Kompetenzbereich in Anspruch, und laufen damit Gefahr, zu vergessen, dass Beziehung eben gerade übers tägliche Tun, übers „gemeinsame Schuhe putzen“ … entsteht, oder wie René Simmen das damals ausgedrückt hat: „Die Beziehung, die Person und das Gespräch sind wichtig, das ist gar keine Frage. Die Beziehung bildet den Boden, den Ausgangspunkt für alle erzieherischen Bemühungen.“ (René Simmen, Heimerziehung im Aufbruch, Haupt 1993). Das Tun und die Gestaltung von sozialpädagogischen Beziehungen sind nicht trennbar, sie müssen aus einer gemeinsamen Grundhaltung und einem professionellen Verständnis heraus immer wieder neu gestaltet werden.

Ivo will es genau wissen, er hinterfragt die Alltagsroutine, er positioniert sich als Teammitglied. So wie Monica Vetsch dies schildert, ist Ivo als  Auszubildender eine Bereicherung fürs Team mit seinen Fragen. Er bringt aus der Ausbildung neues Wissen, neue Themen ins Team.

Dass dies wie hier in der Tilia eine echte Chance und „Wertschöpfung“ sein kann, hängt in hohem Mass ab von der Offenheit des Teams, Fragen zuzulassen, sich neuen Fragen neugierig zu stellen – auf der Gegenseite aber auch vom „Gespür“ des Auszubildenden, sich trotz Hinterfragen Routinen und Strukturen unterzuordnen, damit der Alltag nicht in eine Schieflage gerät.

Monica Vetsch charakterisiert die derzeitige Phase des Teams als „Forming“- Phase. Es geht in dieser Phase vor allem darum, Orientierung, die eigenen Rollen zu finden.

Um eine Integrierende Teamkultur verschiedener Teamtypen zu schaffen, braucht es zunächst eine Transparenz der verschiedenen Rollen und Typen: zum Beispiel, was bedeutet es, dass ein Teammitglied ein „Macher“ ist, was bedeutet es für unsere Zusammenarbeit, wenn wir eher homogene, bzw. heterogene Teamtypen sind?

Eine wichtige Frage für eine gelingende Teamzusammenarbeit ist auch die Thematisierung, Beobachtung und Gestaltung des Umgangs mit Konkurrenz im eigenen Team, aber auch gegenüber anderen Teams.

Wichtig ist auch die Frage des gegenseitigen Respekts vor der „Genialität des Einzelnen“  und kooperativer Leistung des Teams – um dann in entscheidenden Situationen gemeinsam zu handeln.

Alles in allem braucht es neben dem Spass, der Spielfreude am „gemeinsamen Rennen“ (vgl. lat. concurrere = miteinander rennen), der Neugier, auch viel Geduld mit sich und dem Team und einen langen Atem.

So überzeugend, authentisch und ruhig, wie Monica Vetsch die Arbeit mit den Bewohner/innen, mit dem Team beschreibt, könnte man fast etwas neidisch werden auf diese gelingende Zusammenarbeit…

 Rosmarie Arnold, Dozentin FHS

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