Woche 24: So langsam tasten wir uns auch vor im Reich der FH. Finding FH
Wie komme ich zur FH und wo finde ich was ich suche
Rassig nähert sich der neugierige Besucher der FHS, und bleibt zunächst staunend vor dem Logo stehen. Im Hintergrund dieses Video-Clips steht die Frage: wie präsentiert sich eine Organisation? Wie kommt man in eine Organisation hinein?
Mit Bildern, Metaphern und insbesondere verkürzt mit Logos, präsentieren sich Organisationen gegen aussen (und innen). Mit dem Gebrauch von Bildern und Metaphern können Positionen verdeutlicht, bzw. auf einen (ersten) Blick entschlüsselt werden. In Bildungsinstitutionen können auch Positionen im pädagogischen Diskurs verdeutlicht werden.
1994 haben sich die beiden Ausbildungsteams der damaligen OSSP (Ostschweizer Schule für Sozialpädagogik) und OSSA (Ostschweizer Schule für Sozialarbeit) zusammen mit einer Klasse des Seminars für Gestaltung (Kunstgewerbeschule) intensiv mit einem neuen Logo auseinandergesetzt: eine Blume? eine Spirale, ein Haus? Entschieden hat sich das gesamte Team nach längerer Auseinandersetzung für einen nicht ganz geschlossenen roten Kreis, aus dem ein Stück versetzt nach aussen gestellt (herausgebrochen?) ist. Diese Symbolik wurde mehrfach gewendet, besprochen und gewogen: Bedeutet die Tatsache, dass der Kreis nicht ganz geschlossen ist, dass Prozesse nie wirklich abgeschlossen sind? Symbolisiert das herausgefallene Stück unsere Klientel, welche sich immer im Bereich der sozialen Risiken und gebrochenen Lebensläufe bewegt? Heisst das, dass wenn ein Stück heraus gebrochen ist, dass Öffnungen entstehen, symbolisiert dies auch in gewisser Weise die Offenheit einer Organisation? (damals noch ein wichtiges, später eher belächeltes Organisationsprinzip war „die lernende Organisation“)…
Anlässlich der Fusion mit dem Fachbereichen Wirtschaft und Technik, sowie der Reorganisation im Hinblick auf die Entwicklung zur Fachhochschule wurde das jetzt noch geltende Logo gewählt: mittlerweile gehört dieses Logo so zum Alltag der Mitarbeitenden, dass sich wenig Personen mehr Gedanken über die möglichen Bedeutungen machen. Damals, als das Logo noch neu und ungewohnt war, wurde verschiedentlich über den Sinn und die implizite Bedeutung nachgedacht: Symbolisiert es die vier Fachbereiche? Was bedeutet das quer gestellte Quadrat? Bedeutet es, dass die Organisation nicht den Anspruch darauf erhebt, strukturell linear zu sein, dass eine Fehlerkultur auch zum System dazu gehören darf?
In ihrer Auseinandersetzung mit „Schule als pädagogischer Machtraum“ befassen sich die beiden Autorinnen (Böhme/Herrmann) intensiv mit der Frage, welchen Sinn Logos gegen innen und aussen symbolisieren. Sie vergleichen Hunderte von (Schul-)Logos und versuchen systematisch deren Aussagen zu entschlüsseln: zunächst teilen sie die Aspekte des Logos in vier Funktions-Ebenen ein:
- Logos als schulischer Raumentwurf
- Als Grenzmarkierer des schulischen Interaktions-Raumes
- Als Label für schulische Zugehörigkeit
- Als schulisches Markenzeichen
Logos codieren zunächst Inhalte, grob unterteilbar in Kultur, Humanes und Natur; diese lassen sich ihrerseits unterteilen in:
Kultur:
- Muster (Wappen, Symbole, geometrische Formen, unregelmässige Formen)
- Orte: (Welt, Region, Gebäude)
- Technik (Leiter/Treppe/Brücke, Transportmittel, Medien, Werkzeuge)
Humanes:
- Signifikant (Subjekt, Paar)
- Generalisiert (Subjekt, Paar, Gruppe)
Natur:
- Flora (Blume, Baum)
- Fauna (Luft, Wasser, Land)
- Gestirne
- Elemente
Die erwähnte Studie bezieht sich auf deutsche Grundschulen bis zum Gymnasium. Das Ergebnis der Studie kann meines Erachtens bei sorgfältiger Reflexion als Kulturentschlüsselungsfrage auch für andere Bildungsinstitutionen, zum Beispiel Hochschulen, dienen. Die beiden Autorinnen kommen in ihrer Studie zum interessanten Schluss, dass Logos insgesamt einen eher hohen Zusammenhang mit der Offenheit hinsichtlich Schule als „transversalen Lernräumen“, sowie der Nutzung „differenter Machträume“ im Hinblick auf unterschiedliche Lernerfahrungen aufweisen. „Der geöffnete pädagogische Raum … sprengt dominante Begründungen, Rahmungen und Muster der entworfenen Schulräume.“ (J.Böhme, I. Herrmann (2011), Schule als pädagogischer Machtraum, vs Verlag)
Ein weiteres, vom Videoclip aufgeworfenes interessantes Thema betrifft die Frage, wie man als Aussenstehender der Organisation Mitglied der Organisation werden kann? Damit verbunden sind spannende gesellschaftliche Fragen, z.B. wie wird man berechtigt zum Studium? Hier würden sich Themen aufdrängen, wie: wie sind die Inklusions- bzw. Exklusionsbedingungen für die Teilhabe am Gut (Fachhochschul-)Bildung? – diese Frage würde aber an dieser Stelle zu weit führen, vielleicht ein anderes Mal….
Rosmarie Arnold, Dozentin FHS