Woche 28: Ivo Reich studiert seit ca. einem Jahr an der FHS St.Gallen Soziale Arbeit. Was musste er erfüllen um dieses Studium zu beginnen? Prof. Nora Brack ist Leiterin der Fachstelle Zulassung an der Hochschule für angewandte Wissenschaften. Sie schildert den Weg zum Studium
Kollegin Nora Brack erläutert die Kompetenzen, welche als Zugangserfordernis für die Ausbildung in Sozialer Arbeit vorausgesetzt werden. Angehende Studierende und später als Fachpersonen müssen in der Praxis hochkomplexen Situationen gewachsen sein. Das erfordert Fähigkeiten im Wissen, Können und in der Selbst- und Sozialkompetenz der angehenden Berufsleute. Ein/e „Idealkandidat/in“ verfügt über formale Grundbedingungen, vor allem aber auch über individuelle und persönliche Kompetenzen. Die formalen Anforderungen an Ausbildung und praktische Vorerfahrung lassen sich relativ einfach bestimmen und gleichförmig auf alle Kandidat/innen anwenden.
Schwieriger einschätzbar sind die individuellen persönlichen Anforderungen: Nora Brack nennt dazu: ein hohes Interesse an und konkrete Vorstellungen über den professionellen Bereich der Sozialen Arbeit; eine differenzierte Motivation und konkrete Vorstellungen über den Prozess der Ausbildung und den erwarteten Kompetenzzuwachs; die Bereitschaft, sich mit sich selber auseinander zu setzen und sich aktiv am Aneignungsprozess von Bildung zu beteiligen, sich dialogisch mit Inhalten und Kompetenzen auseinanderzusetzen.
Im Laufe der letzten zwei Jahrzehnte hat sich das Aufnahmeverfahren an die Fachhochschule verändert und differenziert. In diesem Differenzierungsprozess schälten sich verschiedene (Grund-) Anforderungen heraus, die aber in ihrem Kerngehalt unantastbar und unverzichtbar sind, sich im Lauf der Ausbildung aber ausdifferenzieren werden:
- Eine aktive, zielorientierte und selbstverantwortliche Grundhaltung und Lebensgestaltung muss sichtbar sein
- Der Umgang mit Ambivalenzen und Ambiguitäten gehört zum professionellen Selbstverständnis, es müssen immer wieder neue Wege gesucht und gefunden werden, um den Umgang damit in Kooperation mit Fachpersonen und Klient/innen zu finden.
- Verantwortung für das eigene Tun oder Unterlassen kann erkannt und gestaltet werden
- Eigene und fremde Anliegen, Wünsche und Bedürfnisse werden erkannt und können in eine angemessene Sprache umgesetzt werden
- Ein klares Bewusstsein für die professionelle Rolle im entsprechenden Umfeld ist vorhanden und wird kontextgerecht eingesetzt.
Ausgehend von der Frage zur differenzierten Motivation stellt sich als ein möglicher Aspekt die Frage: Ist die Berufswahl zu Sozialer Arbeit auch eine „Berufung“?
In der (Do RE-) Studie zu „Sozialpädagogische Berufs – und Professionsverständnisse im Heimbereich“, Teil II, (2003), von Marcel Meier-Kressig und Herbert Meier, stellen die Autoren fest, dass in der Befragung von angehenden Studierenden oft ein schon in der Kindheit geprägter Berufswunsch als „echtes Anliegen“ erwähnt wird. Allerdings müsse diese Aussage insofern relativiert werden, als diese Formulierung auch eine Darstellung im Sinne einer sozialen Erwünschtheit sein könnte. „Die Vorstellung besteht darin, dass man nicht plötzlich von dieser Idee erfasst wird, sondern sich den Berufswunsch gründlich und damit seit längerem überlegt hat. Der Zeitfaktor ist diesbezüglich zwar nicht zwingend notwendig für eine gute Reflexion, stellt aber einen guten und plausiblen Indikator dar.“ (S. 100).
Zur Frage der persönlichen Motivation zeigt sich in der Untersuchung weiter, dass Kandidat/innen sich mit Berufsinhalten (aber auch den Formen der Arbeit) identifizieren möchten und sich dadurch eine Bereicherung des eigenen Daseins erhoffen. Vor allem die Arbeit mit und für Menschen stellt einen zentralen persönlichen Stellenwert dar, der sich zum Beispiel in der folgenden Aussage widerspiegelt: ‚Die Arbeit mit und für Menschen scheint mir in der Zeit von Arbeitslosigkeit, Unzufriedenheit und Unsicherheit immer wichtiger‘…(S. 102)
Dieser Aspekt der Berufung, des Wunsches nach Selbstentfaltung und Erfüllung durch die Arbeit, ist eine Dimension von verschiedenen anderen, welche die Autoren (Meier Kressig / Meier)zum Thema „Motivation für Beruf Sozialpädagogik“, „Berufsvorstellung“ und „Motivation für die Ausbildung“ heraus gearbeitet haben. Doch davon vielleicht später mehr…
Rosmarie Arnold, Dozentin FH