Lasst uns berührt sein

Karin Morgenthaler, Sozialarbeiterin,  Mama, Bloggerin, …

Letzthin war ich – ganz passend zur Adventszeit – unterwegs, um ein Geschenk zu kaufen. Ich befinde mich also in einem zweistöckigen Einkaufszentrum und möchte, nachdem ich zwar nicht das gefunden habe, was ich gesucht habe, jedoch war da grad so ein schöner Pulli, genau passend für den Kleinen, zur Rolltreppe. Wie fast immer. Also, das mit dem Kleidungsstück für den Kleinen, statt dem, was ich wirklich brauche. Aber ich schweife ab.

Ich möchte also runter, mit der Rolltreppe. Auf dem Weg dorthin sehe ich eine Gruppe; zwei Betreuer und etwa sechs Jugendliche mit einer geistigen und körperlichen Einschränkung. So meine Ferndiagnose. Ich reihe mich also hinter einer älteren Dame ein, vor der Dame befindet sich eben diese Gruppe. Das Schlusslicht bildet ein Mädchen, die restliche Truppe ist bereits auf der Treppe. Sie hat offensichtlich Mühe, auf die Rolltreppe zu gelangen. Die ältere Dame vor mir stellt sich neben sie, fragt höflich, ob das Mädel denn einhaken möchte – sie möchte – und dann düsen sie gemeinsam Richtung EG. Auf dem Weg runter lacht das Mädchen schallend, unten angekommen verabschiedet sich die ältere Dame nach links, die Truppe nach rechts. Ich gehe der Dame nach und spreche sie an. Das sei doch selbstverständlich, meint sie. Und nein, also Berührungsängste kenne sie nicht – warum auch? Das Mädchen sei ja nicht giftig. Wir müssen grinsen. «Aber ich weiss, was Sie meinen, junge Dame», sagt sie. «Das ist doch genau das Traurige in der heutigen Zeit. Jede und jeder ist sich selbst am Nächsten. Zwar rufen alle wie ach so tolerant sie seien, wenn es jedoch drauf ankommt, dann ist nicht mehr viel davon zu merken.» Dabei sei es doch so schön, wenn einem wahre Freude, wahre Dankbarkeit entgegenkomme, führt sie aus. Und es sei doch einfach schön, wenn man – wenn auch für kurze Zeit – den Weg mit jemandem gehen dürfe. Und sei es auch nur die Rolltreppe vom ersten Stock ins Erdgeschoss.

«Tue so viel Gutes, wie du kannst, und mache so wenig Gerede wie möglich darüber.» – Charles Dickens, englischer Schriftsteller

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Betula-Newsletter

Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter und wir informieren Sie über Themen, News und Veranstaltungen von Betula.

Einverständnis Datenschutzerklärung *
Nach oben scrollen
Scroll to Top