„boreout“ „burnout“ „brownout’s“ „out of my head“

In einem der letzten Blogs kam ich auf das Thema „Boreout“ zu sprechen. Nun gibt es nebst dem „Burnout“ und eben dem „Boreout“ noch einen Begriff. Nämlich jenen des „Brownouts“.  All diese „outs“ – was ist eigentlich was? Ein kleiner Einblick in die Begriffsklärung sowie in Verstrickungen direkt „out of my head“.

Karin Morgenthaler

Nun gut, zuerst die – zugegebenermassen sehr kurze – Klärung der Begriffe:

Burnout entsteht durch chronischen Stress. Sowohl auf der körperlichen als auch auf der psychischen Ebene stellt sich eine totale Erschöpfung ein – an Arbeit ist nicht zu denken.

Boreout entsteht durch eine (längerfristige, dauerhafte) Unterforderung. Arbeit zu verrichten ist weiterhin möglich.

Brownout entsteht, wenn die Betroffenen den eigenen Arbeitsalltag, die eigene Arbeit als sinnlos erachten.

Mich interessiert dieses „Brownout“ und ich mache mich also auf die Suche, stöbere durch das Internet und lese in Foren von Betroffenen oder Angehörigen. Und – im Zuge meiner kleinen Recherchearbeit – es sind meist top ausgebildete, ranghohe Kadermenschen, welche unter einem Brownout leiden. Sie sehen die Arbeit, welche sie tagtäglich verrichten, als nicht sinnvoll, nicht sinnstiftend an. Sie empfinden das eigene Tun als vernachlässigbar, ja wenn nicht sogar total unnötig. Bei den meisten entsteht der grosse Drang und Wunsch, einer handwerklichen Arbeit nachzugehen. So beispielsweise der Finanzmakler an der Börse, welcher eine Farm kauft und Hühner züchtet.

Klingt nach einem romantischen Plan, ist meist jedoch – vor allem für die Angehörigen – schwierig. So hat jener Börsenmakler keine Erfahrung mit Tieren, schon gar nicht mit Hühnerhaltung in dieser Dimension. Und so steht der Traum des Maklers, etwas Sinnvolles zu tun, im Kontrast zu dem Bedürfnis seiner Familie, ein geregeltes Einkommen und genug Nahrung zu haben.

Was ich mich frage ist, ob nicht jeder Beruf einen Sinn hat – ansonsten würde es ja diese Tätigkeit gar nicht geben? Wer sagt denn, mal abgesehen vom eigenen Empfinden, welcher Beruf sinnstiftender ist als ein anderer? Im Zuge meiner Überlegungen habe ich unter anderem folgenden Satz gehört: „Ja, du hast leicht reden! Du arbeitest mit Menschen – das ist sowieso sinnvoll!“ Ähm, okay, ja. Und weshalb soll meiner sinnstiftender sein als beispielsweise der Beruf des Grafikers? Oder Postbotens? Oder Bankers? Und – wenn es bei mir mal nicht so läuft wie ich es gerne hätte, oder wie es für einen Verlauf wünschenswert wäre – kann es dann nicht auch sein, dass ich daran zweifle, ob die sozialarbeiterischen Interventionen sinnvoll gewesen sind?

Und ganz nüchtern betrachtet: ich meine, die meisten Menschen sind in Jobs eingebunden, die dazu dienen, Geld zu verdienen und den Lebensunterhalt zu bestreiten. Zwar bin ich überzeugt, dass von diesen Menschen die meisten wirklich gerne in ihrem Beruf arbeiten. Aber ist jeder Beruf gleich auch eine Berufung? Und ist es nicht auch Normalität, mal schwungvoller, mal weniger gerne bei der Arbeit zu erscheinen? Und müssen wir einen Sinn im Leben am Beruf festmachen? Oder wäre es nicht auch eine Option, den individuellen, eigenen Sinn in der Freizeit zu entwerfen?

Nebenbei bemerkt, ein „Brownout“ gibt es auch in der Luftfahrt. Dort bedeutet es eine Einschränkung der Sichtverhältnisse durch Staub oder Sand. Auf den Menschen gewälzt bedeutet es wohl eine Einschränkung der Sinnverhältnisse durch die aktuelle Tätigkeit. Da mag es durchaus eine Option sein, den Kurs zu ändern, damit wieder klare Sicht herrscht. Jedoch am Besten so, dass es die Passagiere an Bord nicht zu arg durchrüttelt und das Ziel trotzdem sicher und ohne grosse Turbulenzen erreicht werden kann.

„Der Sinn fällt nicht vom Himmel, er wird auch nicht von einer Religion gestiftet, sondern ich selbst stifte Sinn, indem ich mir mein Tun wichtig mache.“ Reinhold Messner, Extrembergsteiger und Abenteurer

5 Kommentare zu „„boreout“ „burnout“ „brownout’s“ „out of my head““

  1. Alexandra Riethmüller

    Ja, auf den ersten Blick sehe ich auch in jeder erdenklichen beruflichen Tätigkeit einen Sinn und damit die Möglichkeit für jeden Menschen Sinnstiftung zu finden. Und ich frage mich nun, ob man, wenn man den Blickwinkel ändert, auch beobachten kann, dass im Grunde einjede berufliche Tätigkeit im Grundsatz schlicht eine formal geregelte Funktion mit Auftrag darstellt. Aus dieser Perspektive erscheint die Frage nach Sinn und Sinnstiftug ein Zusatz zu sein, welcher nicht jede Organisation in ihren formal geregelten Aufträgen an ihre Mitarbeitenden vorsieht und wünscht.- Leider-
    In der beruflichen Tätigkeit Sinnstiftung zu finden sehe ich als Privileg und Glück

    Danke für Deinen wieder tollen Beitrag, liebe Karin

  2. Ich hatte auch einen Brownout anno dazumal als Informatikerin in einem internationalen Konzern. Da kann es vorkommen, dass Du und hundert andere Fachleute mit viel Elan über 3 Jahre ein komplexes System entwickelt und dann kommt ein neuer unqualifizierter Bereichsleiter und streicht das Ganze, einfach weil es ihm das Design nicht gefällt, er fachlich keine Ahnung hat und er alles neu machen will. Keinerlei Respekt für Fachleute, nur ein Selbstbedienungsladen für Emporkömmlinge und Speichellecker.

    In grossen Unternehmen (ca.100000 Mitarbeiter) macht der Einzelne so einen abstrakt kleinen Teil der Arbeit, dass Brownout der Normalzustand ist. Daraus folgt Mobbing, Backstabbing und alle anderen Arten von Missgunst.

    Nach 15 Jahren Brownout habe ich bei Stefan R. den Master in Sozialinformatik gemacht. Auch ich wollte zuerst zwar keine Hühner züchten, hatte aber dieses grosse Manko etwas Fassbares machen zu müssen, dass ich den Bättel hinschmeissen und was ganz Anderes (Soziale Arbeit, Psychologie) machen wollte. Heute arbeite ich -schon seit 7 Jahren – im Bereich Blindeninformatik. Problem gelöst und entschärft.

  3. Ich frage mich, ob man, wenn man den Blickwinkel ändert, auch beobachten kann, dass im Grunde einjede berufliche Tätigkeit im Grundsatz schlicht eine formal geregelte Funktion mit Auftrag darstellt. Aus dieser Perspektive erscheint die Frage nach Sinn und Sinnstiftug ein Zusatz zu sein, welcher nicht jede Organisation in ihren formal geregelten Aufträgen an ihre Mitarbeitenden vorsieht und wünscht.

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