Wer jedoch auf Augenhöhe arbeitet …

Karin Morgenthaler, Sozialarbeiterin,  Mama, Bloggerin, …

Letzthin, als es um Vorurteile gegenüber Berufsgruppen ging, hiess es: «Ja, ihr Sozi(alarbeitenden)s, ihr seid doch einfach nur lieb und das reicht dann auch. Gutmenschen halt.» Natürlich war das im Spass gemeint; ich bin mir jedoch ziemlich sicher, dass es durchaus Menschen gibt, die das so unterschreiben würden. Birkenstockträger, Gutmenschen, immer allen helfen wollen.

Nach einigen Jahren Berufserfahrung kann ich jedoch sagen: wer immer allen helfen will, dem muss bald selbst geholfen werden.  Wer immer allen helfen will, macht sich selbst Druck. Natürlich heisst das nicht, dass ich nicht hoffe, dass Geschichten zu einem zufriedenstellenden, guten, glücklichen Ende führen. Natürlich tue ich das. Immer helfen wollen ist jedoch– zumindest für mich – der falsche Ansatz. Und der Grossteil der Praxis sieht das gleich. Durch den aktivierenden Ansatz in der Sozialen Arbeit ist es zwar etwas «unbequemer», vielleicht manchmal gar «lästig» geworden für Klientinnen und Klienten. Es wird jedoch nicht mehr eine Lösung «aufgedrückt», die der Beratende sieht, sondern die Lösung kommt von den Klienten selbst. Mal schneller, mal dauert es, mal werden Kehrtwenden gemacht, Schlangenlinie gefahren oder es wird auch mal «hingefallen». Ja, es braucht Geduld – vor allem von den Klienten. Und nein, ich rede natürlich nicht von absoluten Notfällen. Denn dann ist es durchaus auch angebracht und manchmal auch nötig, dass von aussen Schritte eingeleitet werden und das Netzwerk oder das professionelle Umfeld die Dinge in die Hand nimmt.

Und noch dies: Sätze à la: «Sozialarbeitende machen ja alles für die Betreuten» oder «Sozialarbeitende haben immer die Lösung die schnell, rasch und unkompliziert hilft», sind verstaubt, altbacken und einfach nicht zeitgemäss. Vielleicht in einer Welt, in der der Beratende von oben herab diktiert, was der Hilfesuchende zu tun hat – ja, dort passt es. Wer jedoch auf Augenhöhe arbeitet, an die Ressourcen, die jeder Mensch hat, glaubt und auch überzeugt ist davon, dass jeder Mensch ein Profi ist, wenn es um die eigenen Bedürfnisse, Lebensentwürfe und Ideen geht, wird kaum vorkauen, was getan werden sollte.

Und so hoffe ich, dass vielleicht in ein paar Jahren, wenn wieder einmal über Vorurteile gewisser Berufsgruppen geredet wird, gesagt wird: «Ja gell, und Sozis machen immer alles für die Leute!» und herzhaft gelacht, statt fragend in die Runde geschaut wird.

«Man kann den Menschen nicht auf Dauer helfen, wenn man für sie tut, was sie selbst tun können und sollten.» – Abraham Lincoln, 16. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika

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