Das leise Danke und das stille Merci

Karin Morgenthaler, Sozialarbeiterin,  Mama, Bloggerin, …

Wann haben Sie das letzte Mal jemandem Danke gesagt? Und ich meine, nicht das schweizerisch-höfliche, wie es im Laden oft der Fall ist. «300 Gramm Hackfleisch, gerne. Sonst noch etwas?», «Nein, das ist alles. Danke.». Klar, das ist auch nett. Aber ich meine das von Herzen-Danke. Das Danke, das wirklich etwas bedeutet.

Sie müssen überlegen? Das musste ich auch. Und das stört mich.

Manchmal kommt es mir vor, als ob alles in der heutigen Zeit eine Forderung ist. Die Politiker fordern, Zeitungen fordern. Natürlich, manchmal muss man laut sein, um auf sich aufmerksam zu machen, um etwas zu bewirken und um etwas zu bewegen. Sind jedoch immer alle laut, gehen die Einzelnen trotzdem unter. Nur der Lauteste gewinnt?  Wo ist die Grenze erreicht? Und in diesem ganzen Lärm geht meiner Meinung nach oft das Leise unter. Das leise Danke, das stille Merci. Gerade in Zeiten der digitalen Vernetzung ist der Lärm besonders gross. Natürlich nicht für unser Gehör, sondern für unseren Geist. Permanent sind wir Meldungen ausgesetzt mit vielen Ausrufezeichen, Worten der Empörung und des Protests.

Ja, Proteste müssen sein. Ja, man soll sich auch empören. Jedoch die Empörungskultur, aus jedem kleinen Mücklein gleich ein Mammut zu machen und online gehen, um es zu teilen, damit habe ich etwas Mühe. Sind Aufschreie nicht wirkungsvoller, wenn nicht jeden Tag dutzende davon auf meinem Bildschirm landen? Und nein, ich spreche nicht beispielsweise vom #metoo oder #notoracism. Ich spreche von #wasdasKiloKartoffelnkostet10Rappenmehrgohtsno! Oder #jetzthatdieSBBdochschonwieder2MinutenVerspätungichreiseabheutemitdemAuto!! Natürlich, überspitzt. Aber ich erwische mich manchmal wie ich Empörungsmeldungen «überlese» und erst im Nachhinein feststelle, dass die Meldung eigentlich lesenswert gewesen wäre und ich mich gerne dafür oder dagegen eingesetzt hätte.

Und so finde ich, darf manchmal auch ein Protest etwas stiller sein. Leiser, netter, freundlicher. Und zwar der Protest gegen die Empörungskultur, gegen die «alles ist so selbstverständlich»-Einstellung. Und so ist das «Danke», ein ehrliches, von Herzen kommendes Danke, manchmal so viel mehr wert, als ein Fluchen über die Schlange an der Migroskasse. Ein «Danke» an die Kassiererin, dass sie mit so viel Geduld die Menschen bedient. Ein «Danke» an den Busfahrer, der trotz Feierabendverkehr und dementsprechender Verspätung allen Fahrgästen einen schönen Abend wünscht. Mir jedenfalls nimmt es den Stress enorm, wenn ich mich bedanke, anstatt mich aufrege über Dinge, die eigentlich so klein sind, aber eben trotzdem so viel Lärm machen würden. Und so bedanke ich mich auch mal für die Stille. Schont das Gehör und macht ruhig.

«Tätig ist man immer mit einem gewissen Lärm. Wirken geht in der Stille vor sich.» – Peter Bamm, deutscher Schiffsarzt und Chirurg

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