Also! Reden wir darüber.

Obwohl weder Weihnachten noch Jahresende ist:

Zeit, über Spenden und deren „Werbung“ nachzudenken.

Sehr plakativ gesprochen: Krebs gegen Depressionen, das Gedankenkarussell ist eröffnet!

von Karin Morgenthaler

„Hilfsarbeiter, 52 Jahre alt, alkoholkrank. Bitte spenden Sie!“.

„IV-Rentnerin, 48 Jahre alt, Depressionen. Helfen Sie!“.

„Arbeiter in einer geschützten Werkstatt, 23 Jahre alt, paranoide Schizophrenie. Danke für Ihre Spende!“.

Würden Sie Ihr Portemonnaie zücken, ein Nötli herausnehmen und spenden? Oder spricht Sie „krebskrankes Kind, 8 Jahre alt“ mehr an?

Nein, um Himmels Willen! Ich möchte überhaupt nicht vergleichen oder mir anmassen zu urteilen, was schlimmer ist, was mehr „wert“ ist, um zu spenden, nein.

Es geht mir mehr darum, dass ich, wann immer ich Aufrufe zu Spendenaktionen sehe, mir überlege, warum so wenig „Werbung“ mit psychisch erkrankten Menschen gemacht wird.

Als ich einigen Leuten diese Frage stellte, welchem von oben beschriebenen Fällen sie spenden würden, kam oft als Antwort „dem Kind!“. Warum? „Weil es noch so jung ist“, „weil ich jemanden kenne der Krebst hat“, „weil es mir mehr leid tut“. Weshalb nicht den anderen Personen? Ja, da kam wenig Brauchbares zusammen. Meistens war die Antwort in der Art von „weil – ist das überhaupt heilbar?“ oder „weil, naja – die IV zahlt doch“. Der Krankenhausaufenthalt wird auch bezahlt, aber das habe ich dann verschwiegen.

Ganz grundsätzlich habe ich manchmal den Eindruck, dass psychische Erkrankungen Angst machen. Sie sind nicht wie ein „Beinbruch“ – diesen sieht man gleich, man behandelt ihn, man wird gesund. Nein, diese psychischen Erkrankungen sieht man nicht. Sie können jeden von uns treffen, sie können unser Wesen verändern und unser ganzes Umfeld durcheinander bringen. Uns abhängig von Hilfe und uns gleichzeitig einsam machen. Sie machen Angst durch all die Horrorgeschichten in den farbig gedruckten Zeitungen und durch Geschichten, die bei jedem Mal erzählen noch etwas schlimmer werden.

Und doch hat sich in diesem Hinblick einiges getan. Immer wieder werden öffentliche Vorträge angeboten, die sich um psychische Erkrankungen drehen. Der Trend geht hin zum selbständigen Wohnen und weg vom „Heimcharakter“. Ich kann mir vorstellen, dass die neuen Generationen weniger Berührungsängste kennen als noch ältere. Die Tore werden geöffnet, es wird integriert, inkludiert und aufgeklärt. All dies dauert. Und trägt doch dazu bei, dass wenigstens hie und da darüber geredet wird. Also! Reden wir darüber. Denn: Dinge, die ver-schwiegen und über die ge-schwiegen werden, machen Angst.

„Es gibt keine Grenzen. Weder für Gedanken, noch für Gefühle. Es ist die Angst, die immer Grenzen setzt.“   Ingmar Bergmann, schwedischer Drehbuchautor

1 Kommentar zu „Also! Reden wir darüber.“

  1. Ist ein guter Beitrag,…

    Nicht jeder Spendenaufruf überzeugt mich, persönlich spende ich dort wo für mich der Erfolg, die Freude, der Nutzen dazu sichtbar ist. Denn so bekomme ich auch etwas zurück, die Bestätigung das meine Entscheidung richtig war und dies schenkt mir dann Freude das ich helfen durfte.

    Zahlen überzeugen mich nicht, doch eine Vorstellung zum Sinn, Zweck, gute Inhalte zu guten Projekten da sage Ich – ja,..

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