Auf der Suche nach Antworten … Folge 1

In loser Folge machen wir uns auf Spurensuche nach Antworten rund um Herausforderungen aus dem Feld der Sozialen Arbeit.

Diesmal Karin Morgenthaler im Interview mit Franz Paraskevas, Sozialpädagoge, Praxisanleiter, Systemischer Coach in Ausbildung.

Franz, du hast die Fragen vorgängig nicht erhalten, darum grad als erstes die Frage: bist du ein spontaner Mensch?

Ja, ich würde sagen schon.

Diese Antwort habe ich natürlich erwartet, drum folgt sofort die Anschlussfrage: Wie hilfreich ist aus deiner Sicht das «Spontan Sein» in der Arbeit als Sozialpädagoge?

Ich glaube in unserem Job bist du ohne Spontaneität – auf Deutsch gesagt – aufgeschmissen. Und ganz sicher in meinem Bereich, weil du keine Ahnung hast, in welcher Verfassung die Menschen am Morgen zu uns kommen. Klar, du kannst deinen Tagesplan machen und denken oder davon ausgehen, dass es dann auch so läuft, aber je nach dem wie die Menschen «drauf» sind, kannst du den Plan eigentlich gerade wieder vergessen. Und wenn du in so einer Situation nach Lehrbuch arbeiten willst, stoisch am Plan festhalten möchtest, dann machst du dir das Leben echt schwer. Ich denke grundsätzlich in der Sozialen Arbeit musst du ein gewisses Mass an Spontaneität mitbringen. Du arbeitest mit Menschen – und Menschen sind nicht planbar. Ich halte mich an einen vielleicht etwas doofen Spruch, aber der ist für mich sehr zutreffend: «Die Menschen planen und die Götter lachen».

Es klingt jetzt so, als hätten wir es abgesprochen – haben wir aber nicht. Du hast eine wunderbare Überleitung zur nächsten Frage gelegt! Du arbeitest im Drechselbereich für Menschen mit einer Sehbehinderung. Was sind – abgesehen davon, dass du nicht weisst, wie die Menschen am Morgen zwäg sind – die Herausforderungen in deiner täglichen Arbeit?

Was ich wichtig finde – und das ist auch wieder sehr individuell – du musst ihnen Hilfestellungen geben können am Drechselbank, aber immer in so einem Masse, dass der Mensch nicht vor lauter Hilfsmitteln nicht mehr arbeiten kann. Es ist ein permanentes Abwägen: was geht, was nicht. Aus meiner Sicht hat das Drechseln wenig mit den Augen zu tun, dafür ganz viel mit dem Gehör. Das mag eine komische Vorstellung sein, aber stell dir vor: wenn ein Werkstück mit 1500 Touren läuft, dann siehst du nicht mehr viel, sondern musst dich auf das Gehör verlassen. Wie tönt es? Ist der Ton hoch, ist das Material dünn und umgekehrt. Und was auch noch wichtig ist, ich muss den Menschen die Angst vor der Drechselbank nehmen. Klar, ab und an fliegt etwas durch die Gegend, aber ich beruhige die Leute dann damit, dass das Stück Holz ja von ihnen wegfliegt. Dass es dann eher auf mich knallt – das beruhigt sie dann schon 🙂

Ich möchte nun einen Schwenker machen zu sozialen Medien. Seid ihr vertreten in den sozialen Medien?

Wir sind auf Facebook vertreten mit einer eigenen Facebookseite vom bbz. Das ist für uns auch wichtig, wir posten dort Aktualitäten wie beispielsweise an welchem Markt wir sind, welche neuen Produkte wir haben und so weiter. Ganz viele unserer Nutzerinnen und Nutzer sind auf Facebook und das ist eine wichtige Informationsquelle für sie.

Hat sich dein Arbeitsalltag im Hinblick auf die Digitalisierung verändert? Und wenn ja, wie?

Oh ja! Ja, hat sich verändert, aber dadurch, dass ich ganz bewusst keine Leitungsfunktion mehr innehaben wollte, und mich auch sonst eher aus Computerarbeiten raushalte – sofern möglich –, passt es so für mich. Ich sage immer: ich bin ein Sozialpädagoge und kein Bürogoge. Ich merke, dass der Computer eine zentrale Rolle spielt, alles läuft über den Laptop. Das nimmt meiner Meinung nach manchmal Überhand. Praxisanleitung ist für mich darum so passend – ich kommuniziere direkt und 1:1 und ganz, ganz selten über den PC, sprich über Mails. Fairerweise muss ich aber sagen, in Sachen Infos suchen ist das Internet natürlich sehr praktisch.

Um den Bogen nochmals zu spannen zum «Spontan Sein». Was würdest du spontan – jetzt abgesehen vom Verbannen des PCs – im Sozialwesen gerne ändern?

Zurückgehen in die alten Zeiten können wir nicht. Aber mir fehlt die Praxis. Die Praxisebene müsste viel, viel mehr verortet sein in der Ausbildung. Nur diese marginalen Praxis-Theorietransferanteile, die reichen einfach nicht. Das versandet. Ich habe beispielsweise das riesen Thema «Empowerment» vor Augen. Zu diesem Thema gibt es so wenige gute Bücher! Eines habe ich gefunden in dem Menschen AUS der Praxis beschreiben, wie sie das Empowerment umsetzen. Das ist doch das, was zählt, nicht Menschen, die reine Theoriekenntnisse haben und dann der Basis erklären wollen, wie das funktioniert oder zu funktionieren hat. Man entfernt sich eigentlich immer mehr von den Menschen, hin zur Theorie. Und das ist extrem schade.

Vielen Dank, Franz, für deine Zeit und das Interview!

«Die Zeit vergeht nicht schneller als früher, aber wir laufen eiliger an ihr vorbei.» – George Orwell, englischer Schriftsteller und Journalist

2 Kommentare zu „Auf der Suche nach Antworten … Folge 1“

  1. Vielen Dank für ihren bemerkenswerten Artikel.
    Ja, ja das kann ich nur bestätigen, durch meine langjährige Erfahrung mit Menschen die weder lesen noch schreiben und schon gar nicht unsere Sprache verstehen, können mit Theoretischen Ansätzen etwas anfangen, geschweige den es nach voll ziehen und umsetzen. Ja die guten alten Zeit des tun’s vermisse ich sehr in der Sozialpädagogik. Es gibt nichts gutes ausser man(frau) tut es.

    In diesem Sinne wünsche ich ihnen weiterhin viel Erfolg.

    Sommerliche Grüsse
    D. Bugmann

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