Chaos und Wirrwarr

Buntes Wirrwarr entpuppt sich nach genauem, längerem Hinschauen und der richtigen Anspannungs- beziehungsweise Entspannungstechnik für die Augen als Lokomotive, Reh oder Gesicht. Wie bitte? Wie wirr ist denn diese Einleitung?

Von Karin Morgenthaler

Gerne kläre ich auf.

Kennen Sie die Bilder „magisches Auge“? Es gibt sogar Bücher voll davon. Es handelt sich um bunte Bilder mit demselben Muster, das mehrmals übereinander gelegt wurde. Konzentriert man sich darauf und bewegt das Bild langsam ganz nah vom Gesicht weg bis zu einer gewissen Distanz, zeigen sich Bilder, wie in 3D.

Wie verwirrend solche Bilder zu Beginn auch zu scheinen mögen, im Hintergrund ist alles klar und strukturiert und folgt einer ganz eigenen Logik. Je weiter man sich von diesem Chaos entfernt, desto klarer sieht man, was dahinterliegt.

Je länger ich über dieses Bildnis nachdenke, desto mehr komme ich zum Schluss: viele Dinge, die in unserem Leben passieren oder gerade vor sich gehen, werden klarer, sobald ein wenig Abstand geschaffen wurde.
Mir auf jeden Fall geht es so.

Sei es, wenn Prüfungen anstehen und der Lernberg nicht mehr gesehen wird vor lauter Blättern und Büchern.

Sei es, wenn ein Umzug ansteht und man das Gefühl hat, im Chaos respektive Schachteln zu versinken.

Es kann aber auch ganz andere Gründe geben, weshalb einem das Gefühl überkommen könnte, den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr zu sehen.
Im Verlauf meines beruflichen Werdeganges mit psychisch erkrankten Menschen, habe ich immer wieder zu hören bekommen: „Ich weiss gar nicht, wo ich anfangen soll.“ Natürlich lässt sich nicht so trivial Ordnung und ein klares Bild schaffen, wie beim „magischen Auge“, das ist mir klar und bewusst.

Nichts desto trotz habe ich es als äusserst hilfreich empfunden, in solchen Situationen klar und strukturiert zu arbeiten, und sie darin zu unterstützen, zu versuchen auf die Metaebene zu gehen und mit etwas Abstand zu schauen: „Ok, was haben wir hier eigentlich?” Überforderung und das Sprichwort “mit den Bäumen nicht mehr sehen” entsteht oft aus einem Gefühl heraus, dass gleich alles auf einmal erledigt, angegangen und durchgeführt werden sollte.

Und falls das Bild immer noch keinen Sinn ergibt, obwohl man sich laut Anleitung verhält und immer noch kein Bild erkennen kann, sondern nur Chaos und Wirrwarr:

Längst nicht alle Menschen erkennen die Dinge hinter dem „magischen Auge“ – und müssen sie auch nicht. Ein Bewohner hat mir erst kürzlich gesagt: „Mach dir keine Sorgen, es ist Übungssache. Mit vielen Rückschlägen. Aber dann, irgendwann klappt es – und dann weisst du, wie es geht.“

„Um klar zu sehen, genügt oft ein Wechsel der Blickrichtung.“ – Antoine de Saint-Exupery, französischer Schriftsteller und Pilot

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