Ein Klima des Misstrauens und des Grauens …

Arbeite ich wirklich das, was ich vorgebe zu arbeiten? Verdiene ich den Lohn, den ich Ende Monat auf meinem Konto habe?

Von Karin Morgenthaler

Will mein Arbeitgeber dies überprüfen, so hat er mehrere Möglichkeiten.

Entweder installiert er Software auf dem PC, die überprüft, ob ich mal auf anderen Homepages war, als auf der des Arbeitgebers.

Oder er installiert Kameras im Büro, welche aufzeichnen, was ich den ganzen Tag so mache.

Oder er infiltriert das Team mit einem «Spion», getarnt als Teammitglied, welcher regelmässig Rapport abgibt, was das Team so macht.

Oder er engagiert Detektive, welche aus dem Gebüsch, aus dem Auto oder wahlweise auch von der Strasse aus Fotos machen und diese dem Arbeitgeber zukommen lässt.

Will der Arbeitgeber ein Klima des Misstrauens und des Grauens – bitte sehr, die oben genannten Optionen würden sich bestens dafür eignen.

Ganz ehrlich: wer von Ihnen arbeitet 8 Stunden vollkommen konzentriert durch? Ohne eine Ablenkung, ohne mal die Gedanken schweifen lassen, ohne einmal über etwas anderes zu reden, als über die Arbeit? Also ich kenne niemanden, und ich schliesse mich da mit ein.

Kein Mensch kann permanent bei der Arbeit sein – das ist meine Meinung. Pausen, Abstand, kurze Verschnaufzeiten gehören dazu; und diese mit Themen zu füllen, welche nichts mit der momentanen Arbeit zu tun haben, genauso.

Fotos vom Arbeitsplatz sind darum – genau – Momentaufnahmen. Im einen Moment trinke ich meinen Kaffee, im anderen lehne ich mich zurück und überlege. In einem Moment esse ich eine kleine Süssigkeit, im anderen rede ich mit meinen Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen. Ja, wenn solche vier Fotos gemacht werden, sieht es tatsächlich aus, als ob ich nicht arbeiten würde, sondern die Zeit totschlagen und, wie man so schön sagt, «herumdümple».

Sind Fotos also aussagekräftig? Ich wage, das zu behaupten. Genauso wenig aussagekräftig sind die Fotos von mir bei der Arbeit, wie die Fotos von IV-Bezügerinnen und Bezügern, um zu beweisen, dass sie keine Rente benötigen. Denn: so wenig wie ich 8 Stunden nonstop arbeite, so wenig liegt ein Mensch mit einer depressiven Erkrankung nur im Bett. Nein, auch er oder sie geht einkaufen und ja, auch er oder sie gönnt sich mal was Schönes.

Woher all das Misstrauen kommt in unserer Gesellschaft? Ich weiss es nicht. Wissen Sie’s?

«Misstrauen ist ein Zeichen von Schwäche.» – Mahatma Gandhi, indischer Revolutionär

1 Kommentar zu „Ein Klima des Misstrauens und des Grauens …“

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