Das Einzige, das im Rahmen der Sozialhilfe Urlaub hat, ist das Gefühl, ohne jeden Rappen spalten zu müssen, einkaufen zu gehen.

Karin Morgenthaler, Sozialarbeiterin, Mama, Bloggerin, …

Eines der meist gefürchtetsten Wörter im Sozialbereich ist «Kürzung». Die Kürzung ist fast schon so etwas wie «der, dessen Namen nicht genannt werden darf» in der Zauberwelt von Harry Potter. Spricht man den Namen aus, so hört er es. Spricht man zu viel über Kürzungen, bewahrheitet sich am Ende noch die Befürchtung und es wird tatsächlich Geld gestrichen.

Nun denn, sprechen wir nicht «vom Wort, das niemand sagen will», sondern schlagen nach, was denn Duden so meint:

Synonyme für «Kürzung» (entschuldige, ich hab es geflüstert, vielleicht hilft das etwas) sind beispielsweise

  • Abstriche
  • Einschränkung
  • Reduzierung
  • Verkleinerung
  • Limitierung

Natürlich ist das nicht die abschliessende Liste, ich habe sie lediglich etwas ge-, ah nein, verkürzt.

Scrollt man auf der Homepage vom Duden noch etwas weiter nach unten, findet man Adjektive, welche typischerweise mit dem gesuchten Wort in Verbindung gebracht werden. Jene Adjektive für das Wort «Kürzungen» lauten beispielsweise:

  • massiv

und

  • einschneidend

Alles in Allem also Wörter mit einer sehr negativen Anhaftung. Genau so negativ wie die Wörter klingen, so negativ wirken sich Kürzungen – beispielsweise in der Sozialhilfe – aus. Nicht nur im Selbstwert der betroffenen Personen, den Möglichkeiten teilhaben zu können, mitmachen zu können, dem Gefühl der «Dazugehörigkeit». Nein, auch ganz nackt und kalt wirken sich Kürzungen auf die Gesundheit aus. Wer Gemüse kauft und Früchte isst, weiss, wovon ich rede.

Dass im Duden gleich nach «Kürzung» das Wort «Kurzurlaub» kommt, wirkt in diesem Blickfeld sehr verstörend und gänzlich unpassend. Und das, obwohl einige Kreise behaupten, Sozialhilfebezüger befänden sich permanent im Urlaub. Das Einzige, das im Rahmen der Sozialhilfe Urlaub hat, ist das Gefühl, ohne jeden Rappen spalten zu müssen, einkaufen zu gehen. Oder das befreiende Gefühl, selbst bestimmen zu können. Oder, ohne Angst vor Kürzungen zu leben. Oder, ohne Angst vor Stigmatisierung zu leben. Oder, oder, oder.

«Man kann nicht allen helfen», sagt der Engherzige und hilft keinem.  – Zitat von Marie von Ebner-Eschenbach, mährisch-österreichische Schriftstellerin

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