Die Vorfreude kann auch nerven, da sie dafür verantwortlich ist, dass die Zeit stehen bleibt.

An mich wurde eine Frage herangetragen, welche allem Anschein nach brennend interessiert. Die Frage war, weshalb die Zeit manchmal rasend schnell, dann wieder gähnend langsam vorbei geht. Und wie die Zeit dazu gebracht werden kann, sich schneller voran zu bewegen, damit das Gefühl entsteht, man komme vorwärts. Ein Versuch, dies zu beantworten. Oder zumindest in Gedanken zu verstricken, um am Schluss doch nichts zu beantworten.

von Karin Morgenthaler

Als Erstes möchte ich betonen, dass dies hier keiner von diesen „Beratungs-Blogs“ ist, wie sie momentan wie Pilze aus dem Boden schiessen. Und auch ehrt es mich ein wenig, dass solche hoch interessanten, gar etwas philosophisch angehauchten Fragen an mich weitergeleitet werden. Und ja, das gibt natürlich etwas Druck. Wichtig scheint mir, dass meine nachfolgend eingetippten Buchstaben weder Anspruch auf Vollständigkeit haben noch ich davon ausgehe, dass es die gängige Meinung sei. Es ist eine Wahrnehmung unter tausenden.

Wer kennt das nicht: Momente, die nicht enden wollen. Sekunden, die sich ausdehnen als wären sie Minuten oder gar Stunden. Und auf der anderen Seite benehmen sich Stunden manchmal wie Minuten und alles rast an einem vorbei.

Warum ist das so?

Meist sind die nicht enden wollenden Tage oder Stunden jene, die uns nicht gerade mit Glück, Freude, Zuversicht und Frohmut begegnen. Meist sind dies die Tage, an denen wir Probleme wälzen, uns in einer Höhle verkriechen oder Angst haben, was als nächstes passiert. Dies kann sein, wenn wir uns in einer psychischen Krise befinden oder vor einer wichtigen Prüfung stehen. Es gibt jedoch auch Vorfreude, die unser Zeitgefühl beeinflusst. Freuen wir uns speziell auf einen Tag, rinnen die Tage davor wie in Zeitlupe in die Sanduhr. Und irgendwann kann die Vorfreude dann auch nerven, da sie dafür verantwortlich ist, dass die Zeit stehen bleibt.

Auf der anderen Seite kennen wir alle diese Momente, die im Zeitraffer an uns vorbeiziehen und ehe wir uns bewusst werden, dass es vorbei ist, wir nur noch die Staubwolke sehen, welcher wir hinterher schauen und uns wünschen, wieder mitten in diesen glückseligen, freudigen Stunden zu sein. Wäre es nicht schön, immer in so einem rasend-schönen Ereignis zu sein?

Klar, das wäre es sicherlich. Kann es jedoch nicht auch sein, dass wir als Menschen, als Individuen und Persönlichkeiten, genau in den anderen Momenten wachsen? Uns dann entwickeln, wenn wir Stunden, Tage, Wochen oder gar Monate vor uns haben, die eben langsam vorbei ziehen und kaum enden wollen? Lernen wir uns nicht dann genau kennen, in einer Krise, einem schwierigen, herausfordernden Moment, denn in reinem Glück? Und können wir die schnellen Momente nicht eher geniessen, im Wissen um das Gegenteil?

Hilfreich kann sein, sich Inseln mit der Zeitmaschine zu schaffen. Momente zu gestalten, von denen wir wissen: die Zeit wird schnell vorbei gehen. Und solche Momente möglichst oft einzubauen – sei es auch nur für ein paar Minuten. Diese gefühlten Sekunden helfen, die langen Stunden zu überstehen. Sei es in der Freizeit oder bei der Arbeit – wo, wie spielt eigentlich gar keine so grosse Rolle.

„Wenn man zwei Stunden lang mit einem Mädchen zusammensitzt, meint man, es wäre eine Minute. Sitzt man jedoch eine Minute auf einem heissen Ofen, meint man, es wären zwei Stunden. Das ist Relativität.“ – Albert Einstein, theoretischer Physiker

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