Ja, es ist eine Krux mit diesem Vertrauen.

Vertrauen. Häufig steht dieses Wort weit oben in den Top-Ten-Listen der „zu erreichenden Sachen der Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen”. Haben wir das Vertrauen unserer Klientinnen und Klienten, dann ist schon viel erreicht – wie oft habe ich diesen Satz schon gehört!

Eine Abhandlung über Vertrauen in mehreren, unvollständigen, weit gedachten, skurrilen Akten.

von Karin Morgenthaler

„Eine Beziehung aufbauen und erhalten ist so wichtig in unserem Beruf!“ Aha. Ja gut, dann gehen wir mal alle los, und bauen eine Beziehung auf, die tragfähig ist, die durch Krisen helfen kann und die trotzdem ein gesundes Mass von Nähe und Distanz hat – wir Professionellen wollen ja nicht abhängig machen und plötzlich als einzige Vertrauensperson fungieren.

„Hallo ich bin Karin, und wir haben jetzt eine professionelle, entspannte, vertraute Beziehung solange du hier im Wohnheim wohnst. Also, erzähl doch mal, ich mach mir Notizen.“ Und dann wird sich das Gegenüber öffnen, Hilfe suchen, mir Einblick gewähren in die Probleme, Herausforderungen und erzählen was  Ziele sind. Und dann wird mein Gegenüber merken, dass solch eine professionelle, vertraute Beziehung, die wir da innert Kürze aufgebaut haben, wahnsinnig hilft, die Probleme und „Baustellen“ anzugehen und ehe man sich versieht, ist alles „wieder gut“.

So einfach ist es doch nicht?

„Hallo ich bin Karin, und wir beide arbeiten jetzt etwa ein bis zwei Jahre daran eine professionelle, entspannte, vertraute Beziehung aufzubauen.“ Und dann werde ich mich zwei Jahre lang bemühen, das Vertrauen meines Gegenübers zu gewinnen. Und dann, nach diesen zwei Jahren, können wir beginnen,  Förderplanungen, Checklisten und sonstige Dinge aufzuschreiben, Ziele zu formulieren und herausfinden, was es benötigt, diese auch zu erreichen.

So schwierig ist es auch nicht?

Ja, wie schafft man es denn, dieses Vertrauen zu gewinnen? Wie baue ich eine vertrauensvolle Beziehung auf? Und, braucht es überhaupt Vertrauen beispielsweise in meinem Berufsfeld? Sind wir denn nicht „nur Dienstleister und bieten Hilfestellung in der Erreichung der Ziele“? Will jemand beispielsweise eine IV-gestützte Ausbildung absolvieren, ist dann eine vertrauensvolle Beziehung notwendig? Oder eine weitere Frage wäre: Wenn mir jemand nicht vertraut, kratzt dies dann an meinem professionellen Ego? Könnte ich denn jemandem vertrauen, dem ich so viel erzähle, erzählen muss und so wenig zurückkommt?

Ja, es ist eine Krux mit diesem Vertrauen. Rasch stecken wir Profis uns das Ziel: eine vertrauenswürdige Bezugsperson zu sein. Und in Wirklichkeit ist dies nicht so einfach. Wie werden wir denn eine vertrauenswürdige Bezugsperson? Ich habe leider auch keine abschliessende Antwort auf diese Frage. Ansonsten hätte ich wohl längst ein Buch geschrieben und würde mir unter einem Palmendach auf den Malediven die tausend Fan- und Dankesbriefe von Pädagoginnen und Pädagogen zu Gemüte führen. Ich denke vielmehr, das Konstrukt „Vertrauen“ ist niemals statisch, sondern  bewegt sich mal in die eine und mal in die andere Richtung. Mal geht es tiefer, mal bleibt es oberflächlicher. Und erzwungen kann es schon gar nicht werden. Bloss unterstützende Massnahmen wie authentisch zu sein beispielsweise könnten einen positiven Effekt auf dieses „Vertrauen“ ausüben. Oder Hand bieten in Krisen oder alltäglichen Situationen – ob sie genommen wird ist die Entscheidung meines Gegenübers. Und wenn mir jemand kein Vertrauen schenken will – wirkt es denn nicht auch vertrauensvoll, wenn ich dies akzeptiere, ohne dass ich hinterfrage?

„Vertrauen ist das Gefühl, einem Menschen sogar dann glauben zu können, wenn man weiss, dass man an seiner Stelle lügen würde.“ – Henry Louis Mencken, US-amerikanischer Schriftsteller

1 Kommentar zu „Ja, es ist eine Krux mit diesem Vertrauen.“

  1. Genauso und nicht anderst. Meine “Klientinnen” bleiben max. 3 Monate, in denen sollte es gelingen Vertrauen und Beziehung soweit aufzubauen, dass sie mir soviel von ihrer schwierigen Geschichte erzählt und sich mit ihrer Persönlichkeit zeigt, damit es gelingt, die für sie beste NachfolgeLösung herauszufinden. Und nur soviel Beziehung, dass sie gut nach drei Monaten gehen kann, ohne allzufest “zuhause” zu sein.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Betula-Newsletter

Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter und wir informieren Sie über Themen, News und Veranstaltungen von Betula.

Einverständnis Datenschutzerklärung *
Nach oben scrollen
Scroll to Top