Wir sind auf dem Weg

Franca Cammardella, Sozialpädagogin FH & Carmen Brüngger, Sozialpädagogin FH, Mitarbeitende des Betula

Von der Veränderung des Verhaltens zur Veränderung der Verhältnisse.

Für uns ist dies grundsätzlich ein stimmiger Ansatz, weil auf eine Aktion eine Reaktion folgt- verändert jemand sein/ihr Verhalten, so verändert sich das Umfeld beziehungsweise die Verhältnisse. Das jeweilige Verhalten wirkt nach aussen hin im positiven, wie im negativen Sinne und dementsprechend ist die Resonanz.

Eine vertrauensvolle Bezugspersonenarbeit benötigt Zeit. Diese ist die Grundlage um eine Veränderung des Verhaltens anstossen/unterstützen zu können und setzt voraus, dass der Klient überhaupt für Veränderungen bereit ist. Auch die Lebensraumarbeit sollte ein Teil unserer Arbeit sein und bedingt eine Offenheit des Klienten.

Die Herausforderung besteht darin, dem Klient die Zeit zu geben, sich für neue Schritte zu öffnen. Es besteht darüber hinaus die Gefahr, einen Teil der individuellen Bezugspersonenarbeit zu verlieren, wenn der Beschluss der Institution, lebensorientiert zu arbeiten, zu sehr in den Vordergrund gestellt wird. Wir müssen akzeptieren, dass einige Klienten kein Interesse am Lebensraum Romanshorn haben.

Wir sind bemüht, Klienten in den Lebensraum zu integrieren, es  bleibt jedoch offen, welches Interesse der Lebensraum Romanshorn selbst daran hat?

Unsere Klienten nutzen den Lebensraum auf ihre Art und dann, wenn sie es für wichtig erachten: wenn sie einkaufen, Zug fahren, Arztbesuche oder ihren Arbeitsweg tätigen. Nur wenige Klienten nutzen den Lebensraum als Begegnungsort. Ein Grossteil der Klienten ist bemüht, fernab des sicheren Ortes, sei dies das Wohnheim oder die eigene Wohnung, nicht aufzufallen.

Das Betula selbst besitzt im Lebensraum Romanshorn einen hohen Bekanntheitsgrad-  nicht nur zur Freude der Klienten. Nicht alle Klienten möchten mit dem Betula in Verbindung gebracht werden und schätzen die Möglichkeit, sich so weit wie möglich anonym in Romanshorn zu bewegen.

Die Entwicklung wird als stetig erlebt, steht jedoch im Spannungsfeld der Entwicklung des Betula als Institution versus den Klienten selbst. Wir erleben die Entwicklung von Ideen für den Lebensraum Romanshorn vom Betula, oft als zu schnell, zu weit weg vom Lebensalltag und den Prioritäten der Klienten.

Von der Klientelisierung zur Entmachtung der Professionellen durch Empowerment, Partizipation und Selbstorganisation.

Unser Auftrag ist es, die Klienten zu befähigen ihren Alltag selbstbestimmt zu bewältigen.

Unabhängigkeit und Selbstbestimmung muss teilweise erlernt und erprobt werden. Diese Möglichkeiten zu schaffen ist ein Teil unserer täglichen Arbeit.

Im Weiteren sind wir Fachpersonen es, die gefordert sind zu erkennen, ob und wann sich Abhängigkeiten entwickeln, diese zu thematisieren und Klienten zu bestärken und befähigen neue Wege zu gehen.

Selbstbestimmung steht für uns im Vordergrund und wird je nach Wohnform und dessen Rahmen mehr oder weniger eingeschränkt. Genauso verhält es sich mit der Möglichkeit dem Klienten den Raum zu geben, um die erlernten Fähigkeiten zu erproben. Die Teilhabe an Lern- und Erfahrungsfeldern variiert je nach Wohnform und eigenen Ressourcen, die ein Klient mitbringt.

Herausfordernd ist und bleibt, was als selbstbestimmt und was als fremdbestimmt erlebt wird. Diese Frage stellt sich für uns Professionelle, wie auch für die Klienten.

Möchte der Klient Verantwortung für sich selbst übernehmen oder gibt ihm die Abhängigkeit von Fachpersonen (noch) Sicherheit?

Aufgrund der Fürsorge um den Klienten besteht die Gefahr, dass wir Professionellen die Klienten zunächst in der Abhängigkeit behalten.

Wir sind genauso gefordert den Mut zu haben, Entdeckungsfelder zuzulassen, auch wenn diese nicht der Vorstellung unserer Lösungsansätze entspricht.

Die Erwartung vom Betula mit Empowerment-Strategien, Partizipation und Selbstorganisation zu arbeiten ist vorhanden. Wir sind angehalten damit zu arbeiten, ohne dass der Klient überfordert ist und somit gefordert, individuelle Wege zu beschreiten.

Die Arbeit ist abhängig von den Bedürfnissen der Klienten und der Bereitschaft des Lebensraumes selbst die Bedürfnisse zu erfüllen. Uns stellt sich die Frage: Möchte der Lebensraum Romanshorn denn integrierte Klienten? Das Potential in der Vernetzung und Aufklärung für eine Teilhabe an normalisierten Lern- und Erfahrungsfeldern ist für uns darüber hinaus noch nicht ausgeschöpft.

Von den Institutionsinteressen zur Lebensweltorientierung

Das Interesse und Wohl der Klienten im Betula steht für uns im Vordergrund, dennoch bleibt ein Interesse an der Wirtschaftlichkeit von der Institution aus bestehen.

Wir erlebten in der Vergangenheit eine grosse Veränderung bezüglich Individualität innerhalb des Betula. Mehr Freiraum für die Entfaltung von Ideen und Alltagsgestaltung der Klienten ist heute vorhanden. Das wirtschaftliche Interesse ist für uns im Alltag wenig spürbar. Die lösungsorientierte Haltung hat innerhalb des Betula für die Auflösung starrer Strukturen gesorgt. Die Möglichkeit zu verhandeln entspricht den Bedürfnissen des Individuums- heute wird mehr verhandelt. Wir als Fachpersonen haben somit auch mehr Mitentscheidungsmöglichkeiten, was wiederum eine Herausforderung sein kann.

Das Institutionsinteresse beruht aus unserer Sicht vor allem auf dem Wohl der Klienten. Veränderungen sind ein Teil unseres Alltags, stets in dem Bemühen, das Wohl der Klienten und deren Selbstbestimmung im Fokus zu behalten.

Wir arbeiten, soweit dies möglich ist, innerhalb der gesellschaftlichen Normen lebensweltorientiert und abhängig von den Wünschen und Fähigkeiten der Klienten.

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