Inklusion hier, Inklusion dort und überall.

Inklusion Wie oft wird dieses Wort benutzt – oftmals sogar fast inflationär. Inklusion hier, Inklusion dort und überall. Was heisst denn Inklusion, und wie verhält man sich inklusiv? Und: ist das anstrengend?

von Karin Morgenthaler

Wird im Duden nach dem Wort „Inklusion“ gesucht, wird es folgendermassen erklärt:

  1. In der Mathematik bedeutet Inklusion die Beziehung des Enthaltenseins.
  2. In der Mineralogie bedeutet es den Einschluss von Fremdsubstanzen in Kristalle.
  3. In der Soziologie heisst es Miteinbezogen sein, gleichberechtigte Teilhabe an etwas.
  4. Und in der Pädagogik: die gemeinsame Erziehung von Kindern mit und ohne Beeinträchtigung in Kindergärten und (Regel-)Schulen.

Ich lege es für mich persönlich so aus, als dass die Handlung der Inklusion etwas Aktives ist. Man bemüht sich rege, inklusiv zu handeln, Menschen mit einer Beeinträchtigung mit einzubeziehen, sie teilhaben zu lassen. Schön! Ich finde das gut. Doch wenn ich mich verstricke in meinen Gedanken, welche sich manchmal um viele Windungen drehen, finde ich dieses unbedingt Gemeinsame auch nicht korrekt. Naja, nicht gar nicht korrekt, aber es könnte anders sein. Bemüht man sich um etwas, wirkt es auf mich oft unnatürlich. Jedwede Handlung und Aussage wird dann vorher durchgespielt und auf allfällige Fettnäpfchen oder dergleichen geprüft. Wäre es nicht total inklusiv, wenn wir uns diese Fragen gar nicht mehr stellen müssten? Wenn es nicht mehr nötig wäre, uns überall darauf hinzuweisen, dass wir Inklusion leben sollten? Wenn es so sonnenklar wäre, dass es eben keine Unterschiede gibt im Menschsein? Und hey, ganz ehrlich: Unterschiede gibt es nicht nur zwischen Personen im Rollstuhl und Personen ohne Rollstuhl. Nein, es gibt zwischen uns allen Unterschiede. Hat denn jemals jemand gefordert: „Da läuft etwas gewaltig schief! Wir müssen Menschen mit blonden Haaren teilhaben lassen!“. Nicht das ich wüsste. Wieso ist es dann für unsere Gesellschaft so eine Herausforderung, Menschen mit Beeinträchtigung teilhaben zu lassen, sie als gleichberechtigte Individuen anzusehen und sie mit einzubeziehen?

Ich persönlich finde, dass in einer vollkommen inklusiven Welt nicht mehr darauf geachtet wird, dass wir Inklusion leben, dass alle gleichberechtigt sind. In dieser Welt, die mir vorschwebt, ist es nicht mehr nötig, auf die vorherrschenden Missstände hinzuweisen. Sondern es ist Normalität, dass alle Menschen gleichberechtigt sind. Und dann, ja dann, finde ich ein inklusives Verhalten überhaupt nicht anstrengend. Denn meiner Meinung nach ist es momentan anstrengend! Oh ja, dafür kämpfen zu müssen und es – manchmal als Einzelreiterin auf weiter Flur – als natürlich zu betrachten, dass wir alle die gleichen Chancen haben sollten. Ja, ich finde es anstrengend. Und ich hoffe, in 15 Jahren kann ich einen Blog schreiben mit der Einleitung: „Wissen Sie noch, wie es im 2017 war? Unvorstellbar, dass es tatsächlich nötig war für Inklusion zu kämpfen.”

Ja, mag sein, dass ich zuweilen dazu neige zu träumen. Doch viele Änderungen in der Welt haben mit einem Traum angefangen. Träumen Sie mit?

„Zusammenkommen ist ein Beginn, Zusammenbleiben ist ein Fortschritt, Zusammenarbeiten ist ein Erfolg.“   Henry Ford, Automobilhersteller

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